Das Astra Brixen heute
Das jahrzehntelang als Kino geführte Astra in der Brixner Romstraße konnte nach aufwendigen Sanierungsarbeiten im Oktober 2019 als Kulturzentrum mit Schwerpunkt Junge Kunst und Kultur für das Publikum wiedereröffnet werden. Auf einer Gesamt-Nutzfläche von 670 m2 bietet das Astra nun Raum für den kulturellen Austausch, für Experimente und Kulturproduktion.
Zum Astra Leitbild
Jeden Montag nutzt der Filmclub Brixen den Kinosaal für Filmvorführungen. Das weitere Programm entsteht durch Eigenveranstaltungen, Gastveranstaltungen und Kooperationsprojekten. Die Veranstaltungen stehen am Puls der Zeit. Überraschendes und Experimentelles stehen genauso am Programm wie populäres. Das Kulturzentrum Astra Brixen ist eine öffentliche Einrichtung und wird von der Stadtwerke Brixen AG verwaltet.
Die Geschichte: AD ASTRA – Vom Ort der Indoktrinierung zum freien Kulturraum
In Kürze
Die Geschichte des Kulturzentrum Astra in Brixen geht auf das Jahr 1936 zurück, als dort die Casa del Balilla (ab 1937 GIL – Gioventù italiana del Littorio) erbaut wurde. Als eine von fünf in Südtirol und Hunderten in ganz Italien sollte die Einrichtung im Zuge der faschistischen Reorganisation der italienischen Jugend zur Entstehung des „neuen Italiens“ beitragen. Der Gebäudekomplex im Stil des Rationalismus bot Raum für Theateraufführungen, Turnaktivitäten und verschiedene Veranstaltungen, die allesamt der Vermittlung der faschistischen Tugenden dienten. In der Nachkriegszeit wurde das nunmehr Ex-GIL genannte Gebäude umfunktioniert und beherbergte Gemeindeämter, Vereinsräume, eine Turnhalle und ein Kino. Letzteres wurde getrennt von den anderen Räumlichkeiten, die in den 1990er-Jahren zum Kultur- und Kongresszentrum Forum Brixen umgebaut wurden, bis 2011 als Kino weitergeführt. Nach einer Periode der Zwischennutzung und umfangreicher Sanierung erstrahlt es seit 2019 heute als Kulturzentrum Astra in neuem Glanz.
Vorgeschichte
Im Jahr 1926 gab Mussolini die „Reorganisation der italienischen Jugend zur körperlichen und moralischen Ertüchtigung“ in Auftrag. Die neu gegründete Organisation ONB (Opera Nazionale Balilla) sicherte sich den absoluten Zugriff auf die Jugend und löste mit Ausnahme der Azione cattolica, einer katholischen Laienorganisation, alle Jugendverbände auf. Zunächst war die Mitgliedschaft in den nach Alter und Geschlecht eingeteilten Jugendgruppen freiwillig. Mit dem Übergang des ONB an die GIL waren ab 1937 alle Kinder und Jugendlichen zwischen 6 und 21 Jahren zur Mitgliedschaft verpflichtet. Die Jugendorganisation war eng mit der Schule verbunden, oft leiteten Lehrer die Aktivitäten. Dazu gehörten Aufmärsche und militärischer Sport ebenso wie die Vermittlung von Nationalstolz, Autoritätstreue, Kampfbereitschaft und Gehorsam.
Faschistische Star-Architekten
Im Zuge der Reorganisation entwarfen und realisierten die Paduaner Architekten Francesco Mansutti und Gino Miozzo in den 1930er-Jahren für die ONB mehrere ähnliche Gebäudekomplexe in Oberitalien, fünf allein in Südtirol. Im Gegensatz zu den monumentalen faschistischen Bauten der Zeit weisen diese die sachliche Architektur des Razionalismo auf. Die Anlagen bestanden aus einem Zentralgebäude, einer Turnhalle, einem Auditorium, einer Pergola und einem Exerzierplatz, die jeweils der städischen Umgebung angepasst wurden. Allen gemein war der symbolträchtige Fassadenputz in pompejanischem Rot, das man in Brixen später mit Ockergelb übertünchte.
Ein Stern am Kinohimmel
Nach dem Ende des Faschismus und des Zweiten Weltkriegs wurden die Räumlichkeiten des Auditoriums getrennt verpachtet. 1946 nahm Gino Bernardi das Astra-Kino in Betrieb. Es war das erste von in der Folge mehreren Lichtspielhäusern, die von der Familie eröffnet und geführt wurden. Später übernahm Sohn Gianni die Geschäfte und leitete das Kino bis zu seiner Schließung im Jahr 2011. Das Astra-Kino war jahrzehntelang ein fixer Bestandteil des Brixner Stadtlebens und spiegelte in seinem Programm den Geschmack der Zuschauer und den Zeitgeist der Unterhaltungsindustrie wider, von den großen Kultfilmen der 1960er-Jahre durch die Blütezeit der Softpornofilme in den 1970ern bis zu den Blockbustern der Jahrtausendwende.
Silberstreif am Horizont
Zwischen 2011 und 2018 diente das Astra Brixen verschiedenen Vereinen und Initiativen als Ort der kulturellen Begegnung und als einzigartige Ausstellungsräumlichkeit. 2012 wurde das Gebäude in einem ersten Schritt provisorisch instand gesetzt, eine grundlegende Sanierung sollte später folgen. In den Jahren der Zwischennutzung sprossen die Ideen und es wuchs der Wunsch nach einem eigenen, wilden, freien Zentrum für die Kultur der Jungen und Querdenkenden. Viele engagierte Menschen haben in dieser Zeit hartnäckig, mutig und mit unermüdlichem Einsatz auf die Errichtung des Kulturzentrums hingearbeitet, in dem nun seit Oktober 2019 kulturelle Veranstaltungen mit einem Schwerpunkt auf junge Kultur über die Bühne gehen können.
Text & Recherche: Lisa Frei